Der Lechtlhof, die Lechtlkapelle und die alte Schmiede
Dass der Lechtlhof bereits in der Vergangenheit eine besondere Stellung innehatte, davon zeugen das kleine Kirchlein und die alte Schmiede, die zusammen mit dem Wohnhaus ein einmaliges Ensemble darstellen. Nicht umsonst diente es gar einigen Künstlerinnen und -künstlern als Motiv. Zudem hat man man von der Kapelle aus einen herrlichen Blick über das ganze Tal.
Das Kirchlein des Lechtlhofs ist „Maria Empfängnis“ geweiht und steht unter Denkmalschutz. Die Ursprünge der Lechtlkapelle gehen auf die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Mitte der 1850er Jahre wurde die Kapelle auf ihre heutige Größe erweitert.
Die Schmiede ist mittlerweile nicht mehr in Betrieb. Sie wird den Gästen als gemütlicher Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt. Wo früher Eisen geschmiedet wurde können die Gäste heute grillen. In der Schmiede ist auch die alte Mühle des Hofs ausgestellt.
Zu Füßen des Lechtlhofs liegt der bekannte „Tartscher Bühel“ mit der romanischen St. Veith Kirche. Vom Hof aus hat man einen wunderbaren Blick auf den sagenumwobenen „Tartscher Bichl“ wie er im Vinschger Dialekt genannt wird. Es wird wohl seine Gründe haben wieso der Lechtlhof genau oberhalb dieses besonderen Ortes errichtet worden ist. Denn genau so besonders fühlt es sich auch an, wenn man auf den Hof kommt.
Die wechselvolle Geschichte des Lechtlhofs
Die Geschichte des Lechtlhofs ist sehr wechselvoll. Im Rahmen einer Hofführung können Sie mit uns in die jahrhundertealte Geschichte dieses besonderen Hofs eintauchen...
Im einem Besitzrechtsverzeichnis, der Vögte von Matsch von circa 1375 findet sich die erste, uns bekannte, schriftliche Erwähnung des Lechtlhofs. Darin trägt der Hof noch den rätoromanischen Namen „Munterschinige in Val“. Der Begriff „Val“ bezieht sich vermutlich auf das kleine „Tal“, das an unseren Hof angrenzt. In besagtem Verzeichnis werden alle Matscher Schwaighöfe, die an die Matscher Vögte Zinsen ableisten mussten, aufgelistet. Der Lechtlhof wird dabei wie folgt beschrieben:
"Also und ein Hof heißt Munterschinige in Val, wenn der Maier (=Lehensträger; Bewirtschafter) den Hof verlässt, so soll er vierzig Melkschafe und zweiundzwanzig Lämmer auf dem Hof lassen, eine Schweinemutter mit zwei Schweinen, davon ist eines geschlechtsreif und das zweite dient als Hofzins und zwei Melkkühe." (Übersetzung: Helene Dietl Laganda)
Um das Jahr 1580 wird der Lechtlhof in einem anderen Zusammenhang namentlich erwähnt und sogar auf einem Gemälde abgebildet. Aufgrund eines Weidestreites wird eine Karte mit den Grenzen der Weidegebiete der Gemeinden Tartsch und Mals erstellt. Der Lechtlhof wird rechts oben im Bild dargestellt (eingezäunter Hof) und mit „Lechtal oder Pfatzhof“ beschriftet. Die originale Bildgröße ist 92 cm x 56 cm. Weitere interessante Details zu diesem besonderen Dokument erhalten unsere Gäste im Rahmen der Hofführung.
Im März 1799 wurde der Lechtlhof von französischen Soldaten niedergebrannt, nachdem diese über die Lombardei und den Umbrailpass in den Obervinschgau eingefallen waren. Spuren des damaligen Brandes sind noch heute im alten Keller des Hofs zu sehen. Aus einem jahrhundertealten "gehackten" Stück Zirbenholz, das damals nicht verbrannt ist (weil es unterhalb des alten Backofens eingemauert war), wurde die heutige Tischplatte des Küchentischs in der Ferienwohnung „Plattei“ angefertigt.
Im Jahre 1926 tauschten Karolina Patscheider und Johann Theiner, die Großeltern des heutigen Besitzers, ihren Hof, der sich in der Nachbarschaft befand, gegen den Lechtlhof ein. Die Großmutter von Georg war eine geschäftstüchtige Frau. Sie sah im Kauf des Lechtlhofs vor allem den Vorteil, dass dieser näher zum Ortszentrum von Mals lag als der Hof, auf dem sie bisher gelebt hatten und sie auf dem Lechtlhof die alleinigen Eigentümer waren (der Nachbarhof hatte ihnen nur zur Hälfte gehört).
Familie Theiner musste zum eingetauschten Hof zusätzlich noch 60.000 Lire aufbringen, was zu dieser Zeit sehr viel Geld war. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 und den wirtschaftlich schwierigen Jahren danach, war die Familie allerdings fast nicht mehr im Stande die Schulden, die durch den Hofkauf entstanden waren, zu bezahlen. Für die 15-köpfige Familie war dies eine harte Zeit. Durch den Bau der "Malettesstraße" oberhalb des Lechtlhofs (heute ein beliebter Wanderweg) und eines Druckstollens, der mit dem Bau des Reschen-Stausees zusammenhing, konnte die Familie Geld dazu verdienen. So z.B. transportierten die am Hof lebenden Männer Sprengstoff vom Tal zur Baustelle herauf, während die Frauen die italienischen Arbeiter bewirteten. Dadurch war die Familie schlussendlich doch in der Lage ihre Schulden zu begleichen.
Die Herkunft des heutigen Hofnamens Lechtlhof
Der Name unserer Hofs hat sich über die Jahrhundert mehrmals verändert. So wird im Verzeichnis der Vögte von Matsch um 1375 vom Hof „Munterschinige in Val“ gesprochen. Um das Jahr 1580 wird der Hof dann "Lechtal- oder Pfalzhof" genannt.
Der Namensforscher Karl Finsterwalder gibt an, dass der Name "Lechtaler" im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit auch bei Landeck, Graun, in Pfunds und Inzing (alle Tirol/AT) auftaucht und sagt speziell zum Hofnamen Lechtl:
"Der Hofname Lechtl ist wohl Neubildung eines Ortsnamens aus dem Herkunftsnamen Lechtaler."
Quelle: Finsterwalder, Karl (1990): Tiroler Familiennamenkunde. Sprach- und Kulturgeschichte von Personen-, Familien- und Hofnamen. Mit einem Namenlexikon. In: Schlern-Schriften 284. Innsbruck.
Egon Kühebacher schreibt:
"Lechtl. Ältere Schreibungen liegen nicht vor. Um 1840 Lechtelhof, 1910 Lechtlhof […]. Wir haben hier eine Neubildung aus dem Herkunftsnamen Lechtaler (für einen aus dem Lechtal Zugezogenen)."
Quelle: Kühebacher, Egon (1995): Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Band 1. Bozen.
An dieser Stelle müssen wir Herrn Kühebacher widersprechen. Wie bereits weiter oben erwähnt, liegen uns aufgrund eigener Recherchen und Recherchen der Kunsthistorikerin Helene Dietl Laganda sehr wohl auch "ältere Schreibungen" des Hofnamens "Lechtl" von vor 1840 vor. So geht aus Gerichtsakten des Südtiroler Landesarchivs hervor, dass der Hof im 16. Jhd. "Lechtallerhof" oder auch "Lechtal- oder Pfalzhof" genannt wurde.
In einer Gerichtsakte aus dem Jahre 1521 wird z.B. ein „Martin Lechtaller auf dem Lechtallerhof“ erwähnt. Unklar ist, ob der Herkunftsname "Lechtaller" zum Hofnamen wurde und sich der heutige Familienname "Lechthaler" durch Personen, die vom "Lechtallerhof" stammten, verbreitet hat, oder ob der Familienname "Lechtaller" schon vorher im Raum Vinschgau/Oberinntal verbreitet war? So wird z.B. auch in der Gerichtsakte von 1521 ein „Peter Gamassmer“ vom „Gamassner Hof“ angeführt. Noch heute gibt es im Vinschgau die Familiennamen „Gemassmer“, „Telser“ oder „Niederfriniger“, die alle auf Hofnamen zurückgehen, wobei diese Höfe noch heute mit ihrem jahrhundertealten Namen existieren.
Was der Familienname „Theiner“ mit den „Waalen“ im Vinschgau zu tun hat
Es wird vermutet, dass sich der im Vinschgau weit verbreitete Familiennamen „Theiner“ vom Vinschger Wort „Thein“ ableitet. Die „Thein“ ist die Bezeichnung für einen Feldstreifen oder einen Ackerteil zwischen zwei Wegen oder zwei Waalen. So trägt auch das höchstgelegenste Feldstück unseres Hofs den Namen „Holztheinen“.
Ein Waal ist ein vom Menschen angelegter Bewässerungskanal oder -graben, der Wasser aus einem Bach zu oft sehr weit entfernt gelegenen landwirtschaftlichen Kulturen leitet. Besonders im Südtiroler Vinschgau sind die Niederschlagsmengen wegen der geografischen Lage so gering, dass die Landwirtschaft dort auf eine künstliche Bewässerung angewiesen ist. Aus diesem Grund entstand dort eines der ausgedehntesten Bewässerungssysteme in den Alpen.
Auch der Lechtlhof wurde teilweise noch bis anfangs der 2000er Jahre mit Hilfe von Waalen bewässert. Bis weit ins 19. Jahrhundert war gar ein Knecht am Hof ausschließlich für die Bewässerung des Hofs mit Waalen eingestellt.
Der „Lechtl Marsch“
Im Juni 2015 komponierte Gernot Niederfriniger, Obmann des Südtiroler Volksmusikkreises, den „Lechtl Marsch“, den er unserer Familie widmete und nach unserem Hof benannte. Gernot sieht von seinem Küchenfenster aus direkt auf den Lechtlhof hinauf. Wer weiß, vielleicht war es dieser Blick aus dem Fenster, der ihn eines Tages dazu inspirierte den „Lechtl Marsch“ zu komponieren?
Die Uraufführung des „Lechtl Marsches“ fand dann auch in der Stube des Lechtlhofs statt. Gernot trug das schwungvolle Musikstück gemeinsam mit seiner „Storchenmusi“ vor, wir bedankten uns mit einer Hofführung und einer ordentlichen Marende. Seither gehört der „Lechtl Marsch“ zum festen Repertoire der Storchenmusi und wir freuen uns ein jedes Mal darüber, wenn wir ihn auf einer Veranstaltung hören dürfen.
Lieber Gernot, wir haben uns wirklich sehr über diese musikalische Widmung gefreut.
Herzlichen Dank von den Lechtlern!